Samstag, 3. Januar 2009

Abenteuerwochenende

Jeder kennt dieses Gefühl eines langweiligen, normalen Wochenendes. Mit diesem Gefühl bin ich auch am Samstagmorgen aufgewacht. Den Samstagvormittag verbrachte ich mit den Kindern in der CIDAH. Zum Mittagessen ging es dann nach Casa Angelo, wo ich auch nachmittags blieb. Dort war es aber eher ruhig, weil die Kinder mit Gamecube spielen beschäftigt waren. Um 4Uhr gehe ich samstags immer Fußball spielen, aber aus irgendeinem Grund fiel es aus. Als ich dann enttäuscht in die Pousada zurückkehrte fand ich dort Carl und den Capoeiralehrer der CIDAH, Rildson, vor. Dieser lud uns dann auf eine Hochzeit ein. Wir waren uns nicht so sicher, weil wir die Leute gar nicht kannten. Aber wir haben uns gedacht kann ja lustig werden und wann kommt man schon mal auf eine brasilianische Hochzeit?! Also gings los nach St. Rita, wo wir das Haus beziehungweise Zimmer bestaunen konnten, in dem er wohnt. Dann sind wir ca. 2 Stunden oder länger durch den Ort gelaufen und haben mit Leuten erzählt, seine Eltern besucht, jemanden abholen wollen….Als wir dann bei der Hochzeit ankamen war die Party schon im Gange. Es war auch glücklicherweise kein Problem, dass wir mehr oder weniger uneingeladen dort waren. Es war eigentlich recht lustig da, wurde aber dann auch irgendwann ganz schön spät und wir wollten gerne nach Hause. Bis wir dann aber mit kleinen Verzögerungen wieder in der Pousada waren war es halb vier…
Sonntag 10Uhr klingelt der Wecker und schmeißt uns aus dem Bett. Schnell, schnell geduscht und wieder nach St. Rita gefahren. Dort hat Rildson seine Capoeirasachen eingepackt und dann haben wir uns mit einem Mann getroffen, den wir auf der Hochzeit kennen gelernt haben. Dieser Mann wohnt in Rio in einer Favela und hat uns zu einer „roda de Capoeira“ dort eingeladen.
Ich habe an diesem Tag so viel gesehen und erlebt dass ich gar nicht richtig beschreiben kann. Normalerweise hat man diese Chance eine Favela zu sehen nicht. Denn Favelas sind Orte abgeschnitten von der öffentlichen Regierung. Die örtliche Mafia hat dort die Kontrolle übernommen. Die ist auch überall präsent und nicht zu übersehen. In den Favelas leben die ganz armen Leute auf engstem Raum zusammen. Eine Favela ist ein Gewirr aus Häusern, engsten Gassen, Innenhöfen und Treppen. Für Ortsfremde quasi ein Labyrinth. Deshalb traut sich die Polizei auch nicht in die Favelas zu gehen.
Es hat viel Spaß gemacht die Capoeirakämpfe zu beobachten und ich habe mich entschlossen auch mit Capoeira anzufangen. Ich hatte leider keine Kamera dabei um Bilder zu machen, weil man das in der Favela nicht darf. Nach dem Capoeira wurden wir noch eingeladen um mit den Leuten noch etwas zu essen und zu trinken. Also ging es los durch das Labyrinth von Häusern, bis wir schließlich in einen ganz kleinen Innenhof zwischen aufgehängter Wäsche standen. Doch dann entschlossen sich die Leute die Feier auf dem Dach des nebenstehenden Gebäudes fortzusetzen, weil dort mehr Platz war. Dort war es dann echt lustig. Man konnte von dem 3-stöckigen, bestimmt ohne Architket gebauten Haus, den Sonnenuntergang, bei Musik und Scherzen, mit Ausblick über die Favela und einen Teil Rios, genießen. Leider mussten wir als das Grillen auf dem Dach anfing den Mann darauf drängen, dass wir gerne gehen möchten, denn die Heimfahrt dauert doch noch ein wenig länger.
Dieser Tag war sehr interessant. Auf der einen Seite die Lebensfreude der Leute, der Spaß bei Capoeira, die Gastfreundschaft. Auf der anderen Seite die krasse Armut, die schlimmen Wohnverhältnisse, außerdem viele entweder von Alkohol oder Drogen benebelte Leute. Am schlimmsten aber die Mafia, die Verherrlichung der Gewalt. Jungs jünger als ich mit schnellen, teuren Motorrädern, lässig die Pistole in der Hose und die Goldkette am Hals. Männer, die mit Sturmgewehren und Handgranaten am Rande der Straße auf Stühlen sitzen und Churrasco essen, wo 10m daneben die Kinder Fußball spielen….ich kann diese Dinge immer noch nicht ganz in Worte fassen…

Liebe Grüße Basti

P.S. Macht euch keine Sorgen! Wir waren mit absolut zuverlässigen Leuten da und hatten nach einem kurzen Kopfnicken auch die Erlaubnis der Mafia. Wer sich entscheidet nach Rio zu kommen und hier zu wohnen, ich habe ein Schild gesehen: „Verkaufe Haus 2 Zimmer, Wohnzimmer, Küche, Badezimmer für 5000€“ Vielleicht sieht man am Preis des Hauses wie arm diese Menschen sind.

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