Freitag, 30. Januar 2009

Update Januar

Sooooo…

Also nachdem ich auf dem Video die Kinder vorgestellt habe muss ich jetzt natürlich auch die neuesten Änderungen berichten. Thiago ist nach einem Streit mit den anderen Kindern abgehauen. Er wollte vermeiden, wie Jefferson, mit einem blauen Auge rumzulaufen. Jefferson ist recht neu und musste erst mal ausprobieren wo er sich in der Rangfolge befindet. Das blaue Auge hat ihn aber etwas länger daran erinnert, dass Douglas über ihm steht. Aber zurück zu Thiago. Er ist wahrscheinlich zu seiner Mutter gelaufen und wohnt jetzt wieder zu Hause. Aber ich hoffe es geht ihm gut, denn er hat nicht zu Hause gewohnt, weil er ein Fahrrad geklaut hat und der Besitzer ihn umbringen will.



Rodrigo ist gestern abgehauen, weil er sich mit der Mãe social gestritten hat. Er wird sicher nicht zu seiner Mutter gehen, sondern das Leben auf der Straße vorziehen. Die Mutter hat ihn am Sonntag besucht, aber es war nicht die Mutter Kind Beziehung, die man so kennt. Das kann daran liegen, dass er fast sein ganzes Leben auf der Straße verbracht hat. Er hat sich mit der Mutter gestritten und die hat ihn beschimpft und Dinge gesagt wie „gut dass du so lange auf der Straße gelebt hast und nicht bei mir“. Daraufhin hat er sich einen Stock geschnappt und ist der Mutter hinterher gerannt. Sie ist auf die Straße und der Pae social hat hinter ihr das Tor abgeschlossen. Dann hat der Junge kurz überlegt ob er über die Mauer klettern soll. Da die Mutter aber vor dem Tor stehen blieb um weiter zu schimpfen entschloss er sich Steine nach ihr zu werfen. Diese Steine waren nicht gerade klein und mit voller Wucht geworfen, also hat die Mutter Glück gehabt, dass er nicht getroffen hat. Als sie dann endlich wegging hat er ihr noch alle Schimpfwörter die er kannte hinterher gerufen.



Es ist immer schwer für mich wenn eines der Kinder wegrennt. Thiago zum Beispiel kenne ich seit ich in Casa Angelo angefangen habe zu arbeiten und er ist einfach ein Teil des Lebens dort. Rodrigo hingegen war nicht mal 2 Wochen da. Aber auch in der kurzen Zeit gewöhnt man sich schnell an die Anwesenheit. Außerdem tut es mir immer Leid wie leichtsinnig dort ein Leben verschwendet wird. Rodrigo ist vielleicht genau das richtige Beispiel. Er hat quasi sein ganzes Leben auf der Straße verbracht, doch ist jetzt schon 12 Jahre alt. Er kann nicht lesen, schreiben, rechnen. Er kann nicht mal richtig zeichnen oder malen, weil er das nie gemacht hat. Wenn er jetzt in die Schule gehen würde, dann könnte er dort schnell die wichtigsten Sachen lernen. Aber da er jetzt wieder auf der Straße lebt wird er es später mal schwer haben im Leben ohne jegliche Bildung. Diese Zukunft, die er sich gerade verbaut ist, wird nicht schön und wer will schon das ganze Leben auf der Straße bleiben…

Außerdem ist dieses Leben als Straßenkind auch nicht schön, wie man weiß. Ich habe in letzter Zeit angefangen mit den Kindern über das Leben auf der Straße zu reden. Als Straßenkind hast du keine schöne Zeit ohne Schule mit deinen Freunden. Du kannst nicht den ganzen Tag Fußball spielen oder gar am Strand rumhängen. Du musst richtig arbeiten um Geld zum Überleben zu haben. Das Geld bekommt man durch betteln oder rauben. Rauben von Schmuck und ähnlichen. Die japanisch und chinesischen Touristen bringen am Meisten waren sie sich einig….ich könnte viel zu diesem Thema erzählen, aber das mach ich vielleicht mal zu einem anderen Zeitpunkt.

Ansonsten habe ich jetzt angefangen ab und zu in Casa Angelo zu schlafen. So habe ich einfach mehr Zeit für die Kinder und in Casa Angelo wird es so schnell nicht langweilig. Irgendwas passiert immer und wenn es nur die Nachbarn sind, die 2 Hähne anschleppen und auf dem großen Platz vor dem Haus einen Hahnenkampf veranstalten. Aber kann auch viel mit den Kindern reden und manchmal kommen doch ganz interessante Dialog raus:

(Basti und Tiago stehen vor dem Tisch. Auf dem Tisch liegt eine Weltkarte)

Basti: „Tiago weißt du wo wir gerade sind?“

Tiago: „mhhhhm noe“ (fährt mit dem Finger über die Karte)

Basti: „schau mal hier ist Südamerika, das ist Brasilien, weißt du jetzt wo wir sind? Siehst du Rio de Janeiro?“

Tiago: „noe“

Basti: „hier! Hier wohnst du und hier steht Casa Angelo!“

Tiago: „und wo kommst du her?“

Basti: „Ich komme aus Deutschland, das ist hier“

Tiago: „ mhhhm ….du kommst jeden Morgen aus Deutschland hierher?“

Basti: „Nein ich wohne auch hier“ (zeigt auf RJ)

Tiago: „Aber hier wohnen wir doch und du wohnst nicht bei uns“

(Luiz-Claudio kommt dazu)

Luiz-Claudio: „Ohhh Tiago du bist so dumm! Schau mal wie klein RJ auf der Karte ist und du weißt doch wie groß RJ wirklich ist. Basti wohnt hier in der Nähe von uns für ein Jahr und danach geht er erst wieder nach Deutschland zurück, denn Deutschland ist ganz weit weg….“

Ansonsten ist in Casa Angelo die Zeit des Fischens angebrochen. Bei einer Putzaktion des Swimmingpools fanden die Kinder Frösche. Jetzt wird täglich mit Eimern, Flaschen und allem möglichen aus einem kleinen Bach hinterm Haus gefischt. Diese kleinen Fische werden mit Kekskrümeln und ähnlichen gefüttert. Mal schauen wie lange sie das ganze überleben.



Aufbruchsstimmung könnte man es nennen…

Hier wird jetzt eine neue Zeit anbrechen. Ich sitze momentan auf meinem Bett und kann für eine Woche das ca. 9m² große Zimmer mein Eigentum nennen. Carl ist heute Morgen nach Brasilia geflogen. Jetzt kann ich so laut schnarchen wie ich will, auch wenn Carl behauptet ich würde nicht schnarchen. Eine Italienerin, die so lange hier war wie ich, ist auch gerade auf dem Weg zum Flughafen um den Heimflug anzutreten. Nächste Woche fliegen die andern Italienerinnen für einen Monat nach Hause, kommen aber im März wieder. Aber auch ich werde nicht hier verweilen. Nächste Woche Mittwoch fliege ich nach Salvador, wo ich Carl am Flughafen treffe. Dann schlafen wir dort 2 Tage bei einem Freund und anschließend haben wir 2 Wochen Zwischenseminar. Bei dem Seminar treffen wir andere deutsche Freiwillige, die auch momentan hier in Brasilien FSJ machen. Das wird bestimmt cool, zumal die Herberge dort, wie ich von Fotos weiß, total schön direkt am Strand gelegen ist. Danach ist dann hier Carneval:) in Deutschland wahrscheinlich auch, also viel Spaß ich geh weg…

4 Kommentare:

niklas k. hat gesagt…

sei vorsichtig!
bi

Anonym hat gesagt…

Was Kinder nicht so alles verpassen,wenn sie keine Chance auf gescheite Bildung bekommen... traurig.Da versteht man erstmal, was für ein Glück wir hier trotz aller Widrigkeiten haben!

Viel Spaß in Salvador!!! :-)

Grüße

Tide hat gesagt…

Hallo Bastian, mit diesem Bericht ist es dir wirklich wieder gut gelungen, ein Stück brasilianischer Realität darzustellen. Danke Dir und mach weiter so und halte die Ohren steif!

Anonym hat gesagt…

Hoffe du genießt deinen Karneval in Rio.

Ansonsten ein dreifach donnerndes HELAU! aus Mainz

Gruß Jense